Archiv – Die Zinkhütte in Essen Borbeck
Im Internet fanden sich schöne Farblithografien der ehemaligen Zinkhütte aus Borbeck. Ein Grund, um die Geschichte dieser Fabrik etwas näher zu beleuchten. Die erste Farblithografie ist von „Adolphe Maugendre“ (bei Auguste Bry, Paris) 1855 und trägt den Titel „Société des Mines et Fonderies de Zinc de la Vielle Montagne“. Was übersetzt soviel heißt wie „Aktiengesellschaft der Zinkminen und -gießereien vom Alten Berg“. Darauf zu sehen ist eine Tenderdampflokomotive vor der Zinkhütte (Vue générale de l’Usine) in Essen Borbeck. (Dirk Hagedorn, Entwurf in Arbeit 09/2025)

Eine weitere Farblithografie stammt von „Canelle“ um 1885 und trägt den Titel „Société Anonyme des Mines & Fonderies de Zinc de la Vielle Montagne Usine de Borbeck (Zinc brut.)“. Gezeigt wird fast die gleiche Situation, nur aus einem anderen Blickwinkel betrachtet und einer anderen Dampflok mit Anhängern im Vordergrund.
Die Zinkhütte in Essen-Bergeborbeck wurde schon 1851 von dem belgischen Unternehmen „Lecomte & Cie“ mit Sitz in Bonn gegründet und stand an der Germaniastraße/Zinkstraße. Die Wahl des Standortes war nicht zufällig, sondern lag direkt an der am 15. Mai 1847 bis Hamm für den Personenverkehr in Betrieb genommenen Köln-Mindener Eisenbahn. Schon vorher, am 13. November 1846 wurde die Strecke von Duisburg bis Haus Berge (Bergeborbeck) eröffnet. Eine der vier Lokomotiven, die nach 1847 auf der Köln-Mindener-Strecke verkehrten, führte den Namen „Borbeck“. Im selben Jahr wurde an der Station „Haus Berge“ bzw. „Berge-Borbeck“ ein Empfangsgebäude aus Fachwerk errichtet, dem bis 1851 einige Erweiterungsbauten und ein Lokschuppen folgten.

Auch aus dem Inneren der Fabrik gibt es eine Farblithografie. Auf der ebenfalls von „Adolphe Maugendre“ (1855) erstellten Grafik mit dem Untertitel „Borbeck – Vue intérieure des fours Silésiens“, sieht man Arbeiter vor den Muffelöfen.
Später 1853 wurde das Unternehmen an ein anderes Belgisches verkauft. Genauer der 1837 durch den Pariser Bankier (Brüsseler Abstammung) „François-Dominique Mosselman“ (1754-1840) gegründeten „Vieille Montagne“. Zu dieser Firma gehörte auch ein Zinkwalzwerk. Nämlich die in Oberhausen ansässige und 1855 in Betrieb genommene „Zinkfabrik Altenberg“ (1855-1981), dem heutigen und bekannten Industriemuseum Oberhausen und der Zinkhütte in Mülheim (1846-1873) nahe der Aktienstraße an der Ruhr (Zinkhüttenstraße). In Borbeck produzierten 1851 rund 60 Arbeiter in schlesischen Öfen 900.000 Pfund (408,23 t) Zink im Gesamtwert von 30.000 Thalern zwei Jahre später, 1853 beschäftigte man schon 200 Arbeiter an 14 Röst- und 17 Destillieröfen 17.240 Zentner, also 862 Tonnen Rohzink. 1856 beschäftigte die Hütte 150 Arbeiter und bei einem Einsatz von 13.986 Tonnen Steinkohle wurden 1.391 Tonnen Rohzink und Zinkweiß produziert. 1857 stieg die Zahl der Arbeiter auf 227 (18.772 Tonnen Steinkohle, 1.305 Tonnen Zink) und im Jahr darauf auf 326. Rund 300 Werkswohnungen und ein Ledigenheim mit 80 Betten standen im Umkreis der Hütte.
1873 wurde in Borbeck das Rösten der Zinkblende eingestellt und auch die Hütte in Mülheim wurde im selben Jahr stillgelegt, weil Bauern wegen der Rauchbelästigungen Schadensersatzforderungen gestellt hatten. Jetzt waren nur noch am Standort Oberhausen Röstöfen in Betrieb. Hier spielten Umweltfragen zunächst keine Rolle. Der Oberhausener Bürgermeister „Schwartz“ stellte fest: „Von Belästigungen aber durch die Industrie dürfte hier keine Rede sein, da die Einwohner Oberhausens lediglich durch diese Industrie ihre Existenz finden und dafür jeder, der sich der Industrie wegen hier niederläßt, diese auch mit in Kauf nimmt oder eben fort bleiben muß.“ Aufgrund von weiteren Umweltprotesten wurde der Röstofen 1928 wieder nach Borbeck verlegt, wo ein neues Zinkröstwerk mit Schwefelsäurefabrik entstand.
Bis 1912 standen 23 kleine Öfen mit 12.000 Tonnen Jahresproduktion bereit. Es wurden dann 16 Reduktionsöfen mit je 120 Muffeln (einseitig verschlossenen Röhren) errichtet. 1921 wurde die Fabrik für feuerfeste Steine wiederaufgebaut, und 1929 kam eine Röstanlage und Schwefelsäurefabrik hinzu. 1936-38 wurde eine neue Ofenhalle errichtet. Interessanterweise war die Hauptverwaltung in Borbeck auch für die Zink- und Bleierzgruben, mit der Hauptgrube Lüderich in Untereschbach bei Bernsberg und dem Zinkwalzwerk in Oberhausen-Lirich, zuständig.

Die Halde der Zinkfabrik in Bergeborbeck 1952. Foto: Josef Umlauf, LVR
https://100-jahre-ruhrgebiet.lvr.de/item/DE-MUS-272319_lido_dc00014119
In den 1960er-Jahren setzte der Niedergang des Verfahrens zur Zinkgewinnung ein. Der apparative und manuelle Arbeitsaufwand, der hohe Energieverbrauch, das geringe Ausbringen von Zinkmetall und die hohe vor dem Hintergrund wachsenden Umweltbewusstseins von der Bevölkerung als besonders störend aufgenommenen Emissionen führten letztlich zum Aussterben dieses Verfahrens. Über 100 Jahre war die Zinkhütte in Borbeck in Betrieb, erst am 28. März 1968 wurde wegen schlechter Erträge die Zink- und am 12. Januar 1972 die Schwefelproduktion eingestellt. Fortan diente das Gelände als gefährlicher Abenteuerspielplatz für Kinder und nach und nach wurde das Gelände abgeräumt.
Bis 1981 wurde noch in der Fabrik Altenberg Zink gewalzt, danach wurde die Produktion ins Hafengebiet von Essen verlagert. Als später auf dem Hüttengelände in Borbeck Wohnhäuser gebaut wurden, kam es 1986 zum Umweltskandal, denn der Untergrund war hochgradig mit Schwermetallen belastet. Hatte die Stadt Essen doch versäumt, das als Bauland ausgewiesene Gelände vorher auf mögliche Altlasten zu untersuchen.

Auf dem Bild von „Kurt Wohlgemuth“ aus dem Buch „Ansichtssachen Borbeck gestern und heute auf einen Blick“ Borbecker Nachrichten/Klartext Verlag 2009, erkennt man links ….
INFOBOX – ZINK
Der Arzt und Naturforscher Paracelsus identifizierte (ZN mit der Ordnungszahl 30) im 16. Jahrhundert Zink als eigenständiges Material, welches heute nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken ist. Zink gehört zur Gruppe der Übergangsmetalle und wird aus Zinkblende, Galmei und Rotzinkerz durch Erhitzen auf 1.000 Grad gewonnen. Der Name „Zink“ stammt aus dem Deutschen, wobei der genaue Ursprung nicht vollständig geklärt ist, aber eine Ableitung vom persischen Wort „sing“ für „Stein“ ist möglich, oder auch vom mittelhochdeutschen „zinken“ für „Zacken, Spitze“ im Zusammenhang mit der zackenförmigen Erstarrung des Metalls. Um Zinkerze einschmelzen und damit Rohzink gewinnen zu können, ist zuvor die Entfernung des Schwefels aus dem Erz notwendig. Die hierzu nötige Röstung der Erze, bei der eine große Menge Schwefeldioxid in die Umgebung entwich, erfolgte in mehretagigen Öfen bei 800 Grad C. Das Rösten ist ein hoch umweltbelastender Vorgang. Der Ausgangsstoff Zinkblende enthält einen hohen Anteil an Schwefel und Schwermetallen, wie Blei und Cadmium. Bei der Verarbeitung entstiegen sie als Dämpfe, die die Arbeiter einatmeten. Chronischer Husten, die „Hüttenkotze“, Rückenbeschwerden, aufgeplatzte Hände und Vergiftungen waren an der Tagesordnung.
Quellen:
www.rheinische-industriekultur.com/seiten/objekte/orte/oberhausen/objekte/zink_altenberg.html
www.borbeck.de/nachrichten-details/die-zinkhuette-in-bergeborbeck.html
www.borbeck.de/lexikon-details/bahnhof-bergeborbeck.html
100-jahre-ruhrgebiet.lvr.de/item/DE-MUS-272319_lido_dc00014119
www.waz.de/staedte/essen/article209602879/zinkhuette-bergeborbeck-muss-schliessen.html
www.zeitreise-ruhr.de/objekte/ankerpunkte/altenberg/geschichte.html
„Borbeck in seinen Straßennamen“, Ludwig W. Wördehoff, Rainer Henslowsky Verlag 1987
„Zwischen Schloss und Schloten“, Andreas Koerner, Henselowsky-Boschmann Verlag 1999
„Gewachsen in elf Jahrhunderten“ – Band 1-6, Walter Wimmer, 1980-1983
Notizen…..
Die „Borbecker Maschinenfabrik“ (1869-1927) stand an der Bocholder Straße in der Nähe der Ecke zur Erdwegstraße. Sie stellte sehr erfolgreich Bäckereimaschinen und Dampfbacköfen her. Sie warb mit dem Slogan „Original Borbeck“. Auf der benachbarten „Eisenhütte Phönix“ (1851-1923) wurden 1856 mit 300 Mann im Jahr 22.500 Tonnen Roheisen beim Einsatz von 36.5600 Tonnen Koks erzeugt. 1857 wurden 16.000 Tonnen Roheisen erzeugt. 1858 ist belegt das die Phönixhütte in Borbeck Eisenstein aus den Velberter Gruben erhielt.
Hatte man 1849 in der Hütte 174.490 kg und 1852 619.962 kg Zink produziert, so stieg diese 1853 im Jahr der Zugehörigkeit zur „Vieille Montagne“ 862.031 kg an.
- Zink wird hauptsächlich aus Zinksulfid-Erzen gewonnen, indem es in Zinkoxid umgewandelt und anschließend reduziert wird, um metallisches Zink zu erhalten.Rohstoffe und UmwandlungZink kommt in der Natur hauptsächlich in Form von Zinksulfid (ZnS) vor, das als Sphalerit bekannt ist. Um Zink zu gewinnen, wird das Zinksulfid zunächst durch Rösten in Zinkoxid (ZnO) umgewandelt. Dieser Prozess erfolgt in der Regel bei hohen Temperaturen in Gegenwart von Sauerstoff, wobei auch Schwefeldioxid (SO₂) entsteht, das weiterverarbeitet werden kann. Wikipedia+1HerstellungsverfahrenEs gibt zwei Hauptverfahren zur Reduktion von Zinkoxid zu metallischem Zink:
- Thermisches Verfahren (trockene Methode):
- Zinkoxid wird mit feingemahlener Kohle vermischt und in einem Hochofen bei Temperaturen von 1100–1300 °C erhitzt. Dabei wird Zinkoxid durch Kohlenstoff reduziert, und das Zink entweicht als Dampf. Dieser Dampf wird dann in einem Kühlsystem kondensiert, um Rohzink zu erhalten. Das resultierende Rohzink enthält jedoch Verunreinigungen wie Blei und Eisen. 2
2 Quellen
- Elektrolyse (nasse Methode):
- Zinkoxid wird mit Schwefelsäure behandelt, um eine Zinksulfatlösung zu erzeugen. Diese Lösung wird dann elektrolysiert, wobei reines Zink an der Kathode abgeschieden wird. Diese Methode ermöglicht die Herstellung von hochreinem Zink (99,99 %). 1
1 Quelle
Durch diese Verfahren wird Zink in großen Mengen produziert, wobei jährlich etwa 13,4 Millionen Tonnen Zink hergestellt werden, zusätzlich zu weiteren 14 Millionen Tonnen, die aus Recycling stammen. didaktikchemie.uni-bayreuth.deWikipediaZink – Wikipediadidaktikchemie.uni-bayreuth.deZink: Vorkommen, Darstellung und Verwendung – Uni Bayreuth - Alle auf Wikipedia anzeigenWikipediahttps://de.wikipedia.org › wiki › Zink